Leadership Resilience

Leading for WE-Resilienz

  • Führungskräfte erkennen zunehmend die Bedeutung des Aufbaus resilienter Organisationen oder WE-resilienter Unternehmen, wie wir sie nennen.
  • Oft fehlt es jedoch an Verständnis und Handwerkszeug, wie diese Idee in die Praxis umgesetzt werden kann. Führungskräfte wissen vielleicht zu wenig darüber, wie wichtig ihre Rolle ist, welchen Belastungen ihre Teams ausgesetzt sind und tendieren dazu, in Zeiten des Umbruchs Leistung über Resilienz zu stellen.
  • Bei Awaris haben wir auf der Grundlage unserer eigenen Forschung einen Fünf-Punkte-Plan entwickelt, der es Führungskräften ermöglicht, ihre Teams so zu führen, dass die Resilienz gefördert wird.

Führungskräfte wissen um die Bedeutung von Resilienz

Führungskräfte sind sich zunehmend der Bedeutung von Resilienz für ihre Mitarbeiter:innen und Organisationen bewusst. Nachhaltige Leistung, Wohlbefinden und Resilienz stehen bei Umfragen unter Führungskräften oft ganz oben auf der Prioritätenliste. Sie wollen eine menschenzentrierte, organisationsweite Resilienz (WE-Resilienz) aufbauen. Führungskräfte scheitern jedoch häufig daran, diese Idee in die Praxis umzusetzen, und zwar aus einer Reihe von Gründen.

  • Führungskräfte erkennen die Bedeutung ihrer Rolle nicht.
  • Sie empfinden persönlich nicht das gleiche Maß an Stress wie die jüngeren Mitglieder ihres Teams.
  • Sie wissen, dass Resilienz wichtig ist, aber sie wissen nicht, wie sie diese auf der Ebene der Organisation fördern können.
  • Wenn ihr Unternehmen vor Herausforderungen und Fristen steht, rückt Resilienz auf der Prioritätenliste nach unten.

Führungskräfte sind sich ihres Einflusses auf die Resilienz einer Organisation nicht bewusst

Wir alle wissen, dass Führungskräfte einen großen Einfluss auf die Kultur eines Unternehmens haben. Es wird auch immer deutlicher, welchen Einfluss sie auf das Stress- und Burnout-Niveau ihrer Teams haben. In vielen Unternehmen häufen sich anekdotische Geschichten darüber, dass bestimmte Manager:innen eine Spur von Stress und Burnout hinterlassen können. Auch die Forschung bestätigt dies zunehmend: Eine Studie der Mayo Clinic1 zeigte, dass der Führungsstil signifikant mit der Burnout-Rate und der Gesamtzufriedenheit in der Einheit zusammenhängt (Abbildung 1).

Abbildung1

Das bedeutet, dass 33% der Varianz der Burnout-Werte der Mitarbeiter:innen durch den Führungsstil erklärt werden können – ein hoher Anteil für ein so vielschichtiges Thema wie Burnout. Noch stärker ist der Zusammenhang mit der Arbeitszufriedenheit: 68% der Varianz der Zufriedenheit kann durch den Führungsstil erklärt werden. Einfacher ausgedrückt: Ein guter Führungsstil ist mit höheren Zufriedenheitswerten und niedrigeren Burnout-Werten in den Abteilungen verbunden. Ein sinnvoller Ausgangspunkt für Führung im Sinne von Resilienz ist daher das Verständnis der Auswirkungen des Führungsstils auf die Resilienz in Organisationen.

Führungskräfte fühlen sich nicht so gestresst wie ihre Mitarbeiter:innen

Ein zweites Hindernis beim Aufbau von WE-resilienten Organisationen ist, dass Führungskräfte den Stress in ihrer Organisation nicht so stark wahrnehmen. Unsere internen Daten zeigen, dass Führungskräfte in der Regel ein geringeres Stressempfinden haben als Mitarbeiter:innen und das mittlere Management (Abbildung 2). Dies ist auf verschiedene Faktoren zurückzuführen. Führungskräfte haben oft mehr Kontrolle über ihre Zeit und mehr Erfahrung im Umgang mit Stress. Einige Führungskräfte verdrängen oder verbergen Stress, wenn sie ihn empfinden. Außerdem gibt es wahrscheinlich eine Verzerrung bei der Auswahl von Führungskräften zugunsten derjenigen, die besser mit Stress umgehen können.

Abbildung 2

Führungskräfte haben durchschnittlich die COVID-19-Pandemie auch besser überstanden als jüngere Mitarbeiter:innen. Der Microsoft-Bericht „2021 Work Trends“ zeigte, dass es Führungskräften nach der Pandemie doppelt so häufig gut ging wie jüngeren, alleinstehenden Mitarbeiter:innen.2 Ein Bericht des Economist3 aus dem Jahr 2022 zeigte, dass 61% der Führungskräfte das Gefühl hatten, dass die Pandemie ihre Work-Life-Balance verbessert hatte, während 21% der Meinung waren, dass sie sich verschlechtert hatte. Für andere Mitarbeiter:innengruppen sahen die Veränderungen etwas anders aus. Nur 25% waren der Meinung, ihre Work-Life-Balance habe sich verbessert, während 41% der Meinung waren, sie habe sich verschlechtert. Das macht Sinn. Viele Führungskräfte saßen vielleicht zu Hause in ihrem ruhigen Arbeitszimmer, hatten ältere Kinder, die bereits studieren und einen Garten. Ihre Erfahrung unterschied sich deutlich von denen jüngerer Mitarbeiter:innen, die vielleicht am Küchentisch saßen, ein Kleinkind zu versorgen hatten und versuchten, ihre Arbeit zu erledigen.

Die Resilienz einer Führungskraft wird zusätzlich durch eine höhere intrinsische Motivation unterstützt, die bei jüngeren Mitarbeiter:innen oft geringer ausgeprägt ist. Eine McKinsey-Studie4 hat gezeigt, dass 85% der leitenden Angestellten voll und ganz zustimmen, dass sie in ihrer täglichen Arbeit mit ihrem Purpose verbunden sind, verglichen mit nur 15% der anderen Mitarbeiter:innengruppen. Führungskräfte werden durch ihren Purpose genährt und gestärkt, was zu ihrer Resilienz beitragen kann. Alles in allem nehmen Manager:innen den Stress anders wahr als ihre Teammitglieder und so ist es vielleicht nicht verwunderlich, dass sie dem Thema Burnout nicht die Bedeutung beimessen, die es verdient.

Führungskräfte wissen nicht, wie sie WE-Resilienz fördern können

Awaris traf kürzlich einen leitenden Angestellten einer Organisation. Der Manager gab zu, dass er kein gutes Beispiel für aktives resilientes Verhalten sei. Er sagte, er sei jemand, der „zufällig belastbar“ sei. Aber als wir näher nachfragten, nannte er uns drei Dinge, die ihm im Alltag helfen. Er nimmt sich tagsüber Zeit, um bewusst tief durchzuatmen. Er achtet darauf, zum Abendessen zu Hause bei seiner Familie zu sein (auch wenn er danach wieder arbeiten musste). Und er geht mehrmals wöchentlich ins Fitnessstudio.

Als wir gemeinsam das Awaris Modell der Resilienzfähigkeiten durchgingen, zeigten wir ihm, dass er tatsächlich regelmäßig drei wichtige Resilienzverhaltensweisen ausübte: bewusstes Atmen, soziale Kontakte und Bewegung/Sport. Ihm war nicht bewusst, dass er mit diesen Verhaltensweisen seine Resilienz aktiv förderte. Er erzählte dann einigen Leuten in seiner Organisation davon. Sie hatten zuvor angenommen, dass er einer derjenigen sei, die generell widerstandsfähiger sind. Zu hören, dass er regelmäßig Atemübungen machte, um Stress zu bewältigen, überraschte sie.

Viele Führungskräfte haben sich bereits regelmäßiges Resilienzverhalten angeeignet. Dieses ist jedoch so automatisch geworden, dass sie sich dessen nicht wirklich bewusst sind. Unsere Daten deuten darauf hin, dass diese Fähigkeiten und Verhaltensweisen erklären, warum Führungskräfte tendenziell resilienter sind als durchschnittliche Mitarbeiter:innen und nicht einfach nur belastbarer (Abbildung 3). Da einige Führungskräfte sich nicht bewusst sind, dass sie konkrete Fähigkeiten einsetzen, erkennen sie auch nicht, dass diese im Laufe der Zeit entwickelt werden können. Der Aufbau von Resilienzfähigkeiten erfordert – ähnlich wie Projektmanagement- oder Führungsfähigkeiten – Zeit, Aufmerksamkeit, Training und Messung. Einige Trainingsprogramme suggerieren, dass Resilienz in ein paar Stunden erlernt werden kann, und sehen wie eine einfache „Abhakübung“ für die Personalabteilung aus. Die Wahrheit ist jedoch, dass es keine schnellen Lösungen gibt. Resilienz ist ein langfristiger Prozess der Kompetenzentwicklung.

Abbildung 3

Unter Stress steht Leistung oft an erster Stelle

Wir haben festgestellt, dass der Fokus auf Resilienz in arbeitsintensiven Zeiten, wie zum Beispiel am Monatsende oder bei der Arbeit an Kundenprojekten mit Deadlines, verloren gehen kann. Fast die gesamte Aufmerksamkeit richtet sich dann auf die Arbeitsleistung. Führungskräfte nehmen damit implizit an, dass Leistung und Fürsorge sich voneinander unterscheiden. Tatsächlich sind sie jedoch untrennbar miteinander verbunden. Indem sie sich in schwierigen Zeiten auf die Leistungsfähigkeit konzentrieren, untergraben Führungskräfte auf lange Sicht die Resilienz und die nachhaltige Leistung ihres Teams.

Die Arbeitswelt hat sich in den letzten 20 Jahren stark verändert. Das Aufkommen digitaler Kommunikationsmittel, die oft darauf ausgerichtet sind, unsere Aufmerksamkeit zu fesseln, führt zu mehr Geschäftigkeit und wirkt sich negativ auf die Konzentrationsfähigkeit aus. Eine chronisch fragmentierte Aufmerksamkeit kann wiederum zu chronischem Stresserleben beitragen, das mit einer Reihe von Gesundheitsrisiken wie Bluthochdruck, Herzerkrankungen und Depressionen in Verbindung gebracht wird. All dies wirkt sich natürlich negativ auf Produktivität, Innovationskraft und Zusammenarbeit aus. Zahlreiche Studien haben gezeigt, dass die Arbeitsleistung durch Krankheit und Präsentismus beeinträchtigt wird. Früher reichte es vielleicht aus, in den Urlaub zu fahren. Heute reicht das oft nicht mehr aus. Wir müssen den Einzelnen helfen, für sich selbst zu sorgen, und die WE-Resilienz auf organisatorischer Ebene verbessern.

Wir haben einmal mit Ingenieur:innen zusammengearbeitet, die einen Skandal in einem Automobilunternehmen aufklären sollten. Dabei ging es um unvorstellbare hohe Summen und der Druck auf die Mitarbeiter:innen war sehr hoch. Die leitenden Angestellten hörten zwar, dass ihre Mitarbeiter:innen erschöpft waren, aber sie fühlten sich hilflos: „Was sollen wir tun? Das Problem muss einfach gelöst werden“. Interessanterweise war es ein Arzt, der es schließlich schaffte, den Betroffenen kontinuierliche Resilienzunterstützung zukommen zu lassen.

Die ersten Treffen mit Awaris waren eine Herausforderung. Wir wussten, dass sich die Arbeitsbelastung für mindestens ein Jahr nicht verbessern würde. Aber mit der Zeit fühlten sich die Teilnehmer:innen unserer wöchentlichen Trainingseinheiten immer besser. Wir arbeiteten mit Achtsamkeit. Wir halfen den Mitarbeiter:innen, den Stress und den Druck, dem sie ausgesetzt waren, zu erkennen. Wir tauschten Erfahrungen aus und besprachen Strategien zur Emotionsregulation und Konzentration. Sie bekamen Zeit und kontinuierliche Unterstützung, um Resilienzfähigkeiten zu entwickeln und ihren Stress zu verarbeiten. Letztlich unterstützte diese Fürsorge ihre Leistungsfähigkeit. Und tatsächlich, wenn einige von ihnen heute auf diese Zeit zurückblicken, empfinden sie Zufriedenheit. Sie sind stolz darauf, gestärkt aus dieser Herausforderung hervorgegangen zu sein – resilienter und bewusster.

Resilienzintelligenz bei Führungskräften kultivieren

Die Forschung zeigt deutlich die negativen Auswirkungen eines Stress-Mindsets von Führungskräften auf ihre Mitarbeiter:innen. Daher ist es besonders wichtig für Führungskräfte, sich ihrer eigenen psychischen Verfassung angesichts des Arbeitsdrucks bewusst zu sein. Dies kann sich darauf auswirken, wie sie Stress in ihrem Team wahrnehmen und Teammitglieder unterstützen. Eine Studie von Kaluza und Kollegen geht davon aus, dass „das Stress-Mindset der Führungskraft beeinflusst den Grad der gesundheitsfördernden Unterstützung, die sie Mitarbeiter:innen zuteilt“.5 Mit anderen Worten: Führungskräfte, die sich ihrer eigenen Stressbelastung bewusst sind, werden ihre Teams eher im Sinne der WE-Resilienz führen.

Unsere Erfahrung bei Awaris zeigt, dass es effektiv ist, Führungskräfte auf eine Resilienz-Reise mitzunehmen, die eine durchgehende, einwöchige Messung ihrer Herzratenvariabilität (HRV) beinhaltet. Das hilft ihnen, darüber zu reflektieren, wie viel Prozent der Zeit sie gestresst sind und wie sich das auf ihren Schlaf und ihre Erholung auswirkt. Es zeigt ihnen auch, welche Aktivitäten ihnen helfen, ihr Stressniveau zu regulieren. Auf diese Weise hilft es Führungskräften zu verstehen, wie wichtig es ist, Resilienzfähigkeiten in ihrem Arbeitsleben aufzubauen.

Führung im Sinne der WE-Resilienz

Nur wenn die Bereitschaft und die sich entwickelnde Fähigkeit zur resilienzorientierten Führung vorhanden sind, kann resilientes Verhalten in einer Organisation Fuß fassen. Awaris sieht fünf Bereiche, auf die sich Manager konzentrieren müssen, um im Sinne der Resilienz zu führen.

  1. Resilienz leben
  2. Sich Zeit für Führung nehmen
  3. Gut führen
  4. Mitarbeiter:innen unterstützen
  5. Gewohnheiten verankern

1. Resilienz leben

Führungskräfte müssen Resilienz leben. Das Leben ist kurz. Ein Leben mit einer positiven Einstellung, gesunden sozialen Kontakten, Bewegung und gesunder Ernährung kann es im Durchschnitt um 10 Jahre verlängern.6 Gelebte Resilienz kommt vor allem den Führungskräften selbst zugute. 

Aber auch die Teams und Organisationen der Führungskräfte profitieren davon. Erkenntnisse aus Interventionen zum Wohlbefinden in Organisationen zeigen, dass das Verhalten von Führungskräften die Qualität von Initiativen zum Wohlbefinden in Organisationen beeinflusst. Es lohnt sich also für Führungskräfte, sich auf eine lebenslange Reise zu begeben und Resilienzgewohnheiten zu erlernen – und dann ihre Erfahrungen mit ihrem Team zu teilen.

2. Sich Zeit für Mitarbeiter:innen nehmen.

Jüngste Umfragen liefern überraschende Daten. Viele Führungskräfte verbringen weniger als 5 % ihrer Zeit damit, ihre Mitarbeiter:innen wirklich zu führen. Das bedeutet, Einzelgespräche zu führen, Fortschritte zu überprüfen und Feedback zu geben. Umfragen von Gallup und anderen haben gezeigt, dass die Zufriedenheit und Produktivität des Teams steigen, wenn Führungskräfte mehr Zeit für ihr Team aufwenden und der Führung Priorität einräumen. Führungskräfte müssen Führung priorisieren. Sie müssen ihren Mitarbeiter:innen, die mit einer endlosen Zahl von Anforderungen konfrontiert sind, helfen, zu bestimmten Aufgaben ‚Nein‘ zu sagen. Die Forschung zeigt, dass Führungskräfte die Resilienz ihrer Mitarbeiter:innen positiv beeinflussen, wenn sie:

  • Gut organisieren
  • Häufig kommunizieren
  • Auf die Arbeitsbelastung achten und helfen Prioritäten zu setzen
  • Erreichbar sind
  • Mitarbeiter:innen die notwendigen Ressourcen zur Verfügung stellen
  • Konflikte bewältigen

3. Gut führen

Systematische Analysen zeigen auch, dass Führungskräfte durch ihren Führungsstil Wohlbefinden und Resilienz positiv beeinflussen können, insbesondere wenn sie einige der folgenden spezifischen Führungsverhaltensweisen zeigen:

  • Sie haben eine überzeugende Zukunftsvision und ein übergeordneten Purpose.
  • Sie sind ein positives Vorbild, spiegeln die positiven Werte der Organisation wider und sind authentisch.
  • Sie coachen und hören zu.
  • Sie ermutigen ihre Mitarbeiter:innen, Probleme selbst zu lösen, zu lernen und zu wachsen.

All diese befähigenden Führungsstile tragen dazu bei, dass sich die Mitarbeiter:innen emotional sicherer fühlen, mehr Handlungsspielraum haben und besser in der Lage sind, ihre eigene Resilienz zu steuern.

4. Mitarbeiter:innen unterstützen

Führungskräfte fungieren auch als Wegweiser. Sie helfen, Mitarbeiter:innen in bestimmte Richtungen zu lenken und ihnen Zugang zu den Ressourcen der Organisation zu verschaffen. Es ist wichtig, dass diese Rolle ernst genommen wird. Das bedeutet nicht, dass Führungskräfte die Therapeut:innen ihrer Mitarbeiter:innen sein sollen. Aber es bedeutet, dass sie aktiv nachfragen, was der/die Mitarbeiter/in braucht und welche Ressourcen ihm/ihr zur Verfügung stehen.

5. Gewohnheiten verankern

Schließlich können Führungskräfte im Sinne der WE-Resilienz führen, indem sie in ihren Teams und Organisationseinheiten resilienzfördernde Gewohnheiten verankern, wie wir im vorigen Blogbeitrag erörtert haben.

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